Leserbrief zur Abschiebepraxis Österreichs nach Afghanistan

Als ich 2015 im Flüchtlingslager in der Alpenstraße/Salzburg mit Freunden begann, Deutsch/Integrationskurse zu organisieren, half uns ein afghanischer Übersetzer, Herr Hamid ( der Name wurde aus Sicherheitsgründen geändert), der viele Jahre für die französische./amerikanische Armee als Übersetzer  tätig gewesen war, die im Lager anwesenden Flüchtlinge zu überzeugen, aus der Wartezeit etwas Positives zu machen, wie Deutsch zu lernen, sich über die kulturellen und rechtlichen Unterschiede zwischen Heimatland und Zufluchtsland Österreich zu informieren, freiwillige Arbeiten zu verrichten etc.. 

Herr Hamid spricht Farsi, Pastho, Französisch, Englisch, Deutsch und machte während seiner 5-jährigen Wartezeit auf Asyl in 6 verschiedenen Lagern auch noch den österreichischen Pflicht-Schulabschluss! 

Vor 2 Jahren wurde Herr Hamid nach Kabul abgeschoben, weil laut dem damaligen – inzwischen aber abberufenen Gutachter Mahringer, Kabul als „sicherer Ort“ eingestuft wurde und der zuständige Richter Herrn Hamid nicht glaubte, dass er wegen seiner Tätigkeit für den „ungläubigen“ Feind, wie die französische und amerikanische Armee, von der Taliban mit dem Tod bedroht war! Er und seine Familie bangen nun seit Monaten um ihr Leben und ich ersuchte ihn, alle Unterlagen zu seinen Tätigkeiten für die westlichen Armeen zu vernichten. 

Meine Frage an die Justiz: Muss der damals zuständige österreichische Richter sein offensichtlich falsches Urteil aufheben und dem afghanischen Übersetzer – bestens Deutsch sprechend, integriert und mit vielen Referenzen ausgestattet –  und seiner Familie ermöglichen, wieder nach Österreich einzureisen, sobald das wieder möglich ist? 

Herr Hamid ist nur einer von vielen, die trotz Erfüllung aller Voraussetzungen fälschlich in ein höchst gefährliches Land abgeschoben wurden und nach seinem Aufenthalt in einem westlichen Land besonders im Visier der Taliban steht. Es wäre ein Leichtes, sich zu seinen humanitären Verpflichtungen zu bekennen, Fehleinschätzungen zu korrigieren und Zuständigkeiten nicht anderen Staaten zuzuordnen! 

Dass sich eine Partei wie die ÖVP vor dem Hintergrund der aktuellen, dramatischen Entwicklungen in Afghanistan nicht ihrer christlichen Werte besinnt und sich von Abschiebungen nicht distanziert, empfinden viele Österreicher als äußerst beschämend! 

Sirikit Reuchlin 

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