Offener Brief an die Redaktion von Markus Lanz / ZDF
Sehr geehrter Herr Lanz,
ich verfolge Ihre Sendungen im ZDF mit großem Interesse und seit Jahren komme ich deshalb zu spät zur Nachtruhe. Ich selbst bin seit 10 Jahren aktiv in der freiwilligen Flüchtlingsbetreuung und Integrationsarbeit mit Afghanen, Syrern, Nigerianern und auch Ukrainern täglich im Mondseeland/Österreich involviert.
Heute habe ich mich jedoch von Ihrer Sendung vorzeitig abwenden müssen. Die getätigten Aussagen, von Ihnen selbst und den teilnehmenden sogenannten Experten, bezüglich der Arbeitsintegration sind zumindest für meinen Bereich in Oberösterreich haarsträubend falsch und somit destruktiv. Sie grenzen an Fakenews – ist dies beabsichtigt? Wird hier eine Agenda verfolgt? Es wäre schade, aber wenn es so wäre, sagen Sie es mir bitte und ich könnte in der Zukunft Ihre Sendung meiden und früher meinen Schlaf genießen.
Ich spreche von Österreich – ein Asylwerber aus dem Jahre 2015 durfte nicht arbeiten mangels einer Arbeitserlaubnis. Das Asylverfahren dauerte durchschnittlich 5-6 Jahre, ohne Arbeitserlaubnis, also nur schlafen und mangelhafte/seltene offizielle Deutschkurse. Die Freiwilligen sind hier eingesprungen und haben in meiner Heimat mehr als 150 Asylwerber zumindest über das A2 Niveau gehoben. Seit zwei Jahren hat sich die Situation verbessert. Es gibt vermehrt Deutschkurse, aber Asylwerber werden nach wie vor vom Arbeitsamt NICHT vermittelt, aber es ist ihnen erlaubt, sich selbst eine Arbeit zu suchen. Es ist nicht einfach, aber trotz anfänglich mangelnder Deutschkenntnisse machen sie dies – Jobs bei McDonald’s, Tankstellen, Restaurants, Industriebetrieben, Reinigungsdiensten, Hofer etc.
Jetzt aber ein Beispiel von heute: Ein Afghane mit Deutschkenntnissen auf Level A2 bekam einen negativen Aufenthaltsbescheid und innerhalb von 24 Stunden verschwand er nach Frankreich. Seit ca. 6 Monaten arbeitete er bei einer lokalen Bäckerei in der Backstube. Beurteilung des Chefs – summa cum laude. Quintessenz ist nun: Die Bäckerei hat keinen Bäcker und der Afghane fängt in Frankreich von neuem an, wahrscheinlich auf der Straße. Laut meiner Erfahrung wird in Frankreich traditionell und grundsätzlich nicht nach Afghanistan abgeschoben. Drei Jahre hat Österreich die Kosten des Asylwerbers getragen (ca. € 50.000.- all inclusive), jetzt war er produktiv und zahlte in die Sozialkasse ein. Bei diesem Gebaren wird eine Privatfirma relativ rasch in den Konkurs geschickt.
Ich kann Ihnen versichern, dass 90 % der in meinem Bereich ankommenden Flüchtlinge nicht nach der Sozialhilfe, sondern nach Arbeit fragen. Aber wir gewöhnen die Flüchtlinge durch Nichtaktivität sehr rasch an die staatlichen Sozialleistungen. All dies kommt mir bei Ihren Diskussionen zu wenig zum Vorschein und das tut weh.
Warum tun wir uns diese Arbeit mit den Asylwerbern an? Damit diese so rasch wie möglich in den Sozialtopf einzahlen und Menschlichkeit wird ja noch nicht bestraft. Ihr Interesse vorausgesetzt, können Sie objektive Statistiken über Flüchtlinge in Arbeit in Österreich von der Asylkoordination.at Herrn Gahleiter Gerz erhalten. Herr Gerz wäre auch ein interessanter Gesprächspartner für Ihre Sendung.
Mit freundlichen Grüßen, Peter Schwarz „Mondseeland Hilft“






